Einnahmenüberschussrechnung
Für Freiberufler, Kleingewerbetreibende und Existenzgründer ist die Einnahmenüberschussrechnung die einfachste und oft geeignetste Form der Gewinnermittlung.
Die zu versteuernden Einkünfte können nach verschiedenen Methoden ermittelt werden.
Bei der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs.3 EStG) handelt es sich um ein vereinfachtes Gewinnermittlungsverfahren, bei dem die Betriebseinnahmen den Betriebsausgaben gegenübergestellt werden.
Freiberuflich Tätige können ihren Gewinn regelmäßig mit der Einnahmenüberschussrechnung ermitteln.
Zu den Selbstständigen im Sinne des § 18 EStG (Einkommensteuergesetz) zählen zum Beispiel Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Steuerberater, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Journalisten und Dolmetscher.
Für Gewerbetreibende gelten besondere Grenzen des Handels- und des Steuerrechts.
Nur Gewerbebetriebe, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, einen Umsatz unter 600.000 Euro und einen Gewinn unter 60.000 Euro im Kalenderjahr haben, können eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG durchführen.
Wenn ein Unternehmer im Laufe der Zeit die Umsatz- oder Gewinngrenzen von
§ 141 AO (AbgabenOrdnung) überschreitet, muss nicht sofort die Gewinnermittlungsart gewechselt werden.
Das Finanzamt wird dazu auffordern, im Jahr nach der Aufforderung Bücher zu führen und zu bilanzieren.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG wird auf eine Bewertung des Betriebsvermögens verzichtet.
Eine Inventur entfällt.
Im Prinzip handelt es sich um eine einfache Geldrechnung, nach dem Zufluss- und Abflussprinzip.
Von den im Wirtschaftsjahr tatsächlich geflossenen Betriebseinnahmen (inkl. Umsatzsteuer) werden die im Wirtschaftsjahr tatsächlich geflossenen Betriebsausgaben (inkl. Vorsteuer) abgezogen.
Die Differenz ergibt den Gewinn bzw. Verlust.
Nicht die Rechnungsstellung, sondern der Geldzufluss ist also entscheidend.
Das Zufluss-Abflussprinzip wird allerdings in einigen Fällen durchbrochen.
Es gelten zum Beispiel die Abschreibungsvorschriften.
Wenn eine Maschine oder ein anderes Wirtschaftsgut aus dem abnutzbaren Anlagevermögen angeschafft wird, kann nicht der volle Kaufpreis als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, sondern nur die gesetzlich zulässige Abschreibungsrate.
Wenn regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben (z. B. Miete, Zinsen, Leasingraten) 10 Tage vor oder nach dem Jahreswechsel geleistet werden, gilt das Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit und nicht das Jahr der Zahlung.
Vorteile der Einnahmenüberschussrechnung
Der Zeit- und Kostenaufwand für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG ist erheblich geringer als bei einer Bilanzierung, selbst wenn sie durch einen Steuerberater erstellt wird.
Es müssen beispielsweise keine Kontokorrent- oder Personenkonten geführt werden.
Bestandskonten werden nicht geführt und müssen daher auch nicht durch eine Inventur abgestimmt werden.
Nachteile der Einnahmenüberschussrechnung
Allerdings hat die Überschussrechnung aufgrund ihrer Einfachheit auch Nachteile.
Wegen der fehlenden Inventur kann der tatsächliche Wareneinsatz nicht konkret ermittelt werden.
Außerdem wird hier das Betriebsvermögen nicht festgestellt, und damit fehlt für die Banken die übliche Bewertungsgrundlage für eine Kreditentscheidung.
Es können keine Teilwertabschreibungen vorgenommen und keine Rückstellungen gebildet werden.
Unterschiede zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahmenüberschussrechnung
Einnahmenüberschussrechnung
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Erfasst werden nur Betriebseinzahlungen und -auszahlungen
(Ausnahme: AfA und Privatanteile).
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Das Betriebsvermögen tritt nicht in Erscheinung; es muss ggfs. gesondert aufgezeichnet werden.
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Verkäufe und Einkäufe werden zum Zeitpunkt der Zahlung erfasst.
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Bestandsveränderungen werden nicht erfasst.
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Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen werden nicht gebildet.
Betriebsvermögensvergleich
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Wertänderungen des Vermögens werden erfasst (Realisations- und Imparitätsprinzip).
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Das Betriebsvermögen tritt über die Bilanz in Erscheinung.
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Verkäufe und Einkäufe auf Ziel werden zum Zeitpunkt der Lieferung erfasst.
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Bestandsveränderungen an Erzeugnissen werden gewinnwirksam erfasst.
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Es werden Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen gebildet.
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Die Umsatzsteuer wird behandelt wie ein durchlaufender Posten.
Unterschied zwischen vollständigem und unvollständigem Betriebsvermögensvergleich
Beim vollständigen Vergleich gemäß § 5 Abs.1 EStG handelt es sich steuerrechtlich
um die sog. "abgeleitete Steuerbilanz" (§ 140 AO).
Das heißt, es ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen GoB (Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung) auszuweisen ist.
Es ist die Bilanz des gewerbetreibenden Vollkaufmanns.
Beim unvollständigen Vergleich gemäß § 4 Abs.1 EStG ist der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um die Einlagen und vermindert um die Entnahmen.
Man spricht hier auch von der "originären Steuerbilanz" (§ 141 AO), da sie ausschließlich nach steuerrechtlichen Vorschriften erstellt wird.
Es ist die Bilanz der Land- und Forstwirte sowie der Selbstständigen, die
freiwillig Bücher führen.
Gewillkürtes Betriebsvermögen bei Einnahmenüberschussrechnung
Die Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) steht der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegen.
Die Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet jedoch aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem Umfang betrieblich genutzt wird und daher zum notwendigen Privatvermögen gehört. Als geringfügig ist ein betrieblicher Anteil von weniger als 10 Prozent der gesamten Nutzung anzusehen.
Bei der Einnahmenüberschussrechnung ist die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen allerdings in unmissverständlicher Weise durch entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeichnungen auszuweisen (BFH Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03).